Mehr als 100 Jahre SAV Gut Biss e.V.
Am 17.01.1920 wird in Berlin Wedding der Anglerverein „Gut Biss“ gegründet und am 06.06.1920 beim Amtsgericht Charlottenburg eingetragen.
Anfänglich steht nur ein ins Schilf gebauter Steg zur Verfügung, der über die Jahre mit Erweiterungsbauten versehen wurde.
Glücklicherweise blieb der Verein im 2. Weltkrieg von den Alliierten-Bombardements verschont, was auf Grund der Nähe zu Bergmann-Borsig schon bemerkenswert war.
Nach Kriegsende galt in Berlin ein Allgemeines Vereins- und Versammlungsverbot, das bis ca. 1949 Bestand hatte. Die Berliner Vereine fungierten in dieser Zeit als Interessenvertretungen Ihrer Sportsfreunde weiter, aber die Mitgliederzahlen sanken in dieser Zeit auf ein bedrohliches Niveau.
Ende der 1940er Jahre stiegen die Mitgliederzahlen sprunghaft an, das war den sogenannten "Kochtopfanglern" zu verdanken. Wegen der schlechten Versorgungslage war dies eine gute Gelegenheit sich mit Nahrung zu versorgen. Zudem konnten Angelscheine nur über eine Vereinszugehörigkeit erlangt werden. Das Raubfischangeln wurde dabei noch einmal gesondert reglementiert. Pro Verein wurden nur vier "Hechtkarten" erteilt, die dann über das Losverfahren vergeben wurden.
In den Folgejahren verschwanden die "Kochtopfangler" fast vollständig aus dem Verein und der Verein wurde nun auch in seiner Außenwirkung als Angelverein wahrgenommen.
In den 1950er Jahren erfolgte die Gründung einer Interessengemeinschaft aus den Vereinen AV Waldkater, AV Gut Biss, AV Früh-Auf Tegel und AV Wedding. In den Folgejahren kamen die Vereine AV Schlei, AV Posenkieker, AV Tegel und VwN Lindwerder dazu und bildeten so, die bis heute bestehende 8er-Gemeinschaft.
Über die Jahre entwickelte sich das sportliche Fischen immer weiter, insbesondere die Regeln, Wertungen und Gerätschaft. Das Fischen am Fließwasser (Spree, Hohenzollernkanal, etc.) sowie die Teilnahme an Meeresfischen-Veranstaltungen wurde zur Regel und der SAV Gut Biss hatte nicht nur in Berlin einen guten Namen. Über die Jahre konnten durch Sportsfreund:innen etliche Berliner und Deutsche Meistertitel und Siege in den Veranstaltungen der 8er-Gemeinschaft errungen werden.
In den 1960er Jahren wurden dem Tegeler See, über Industrie und Haushalte, immer mehr Schadstoffe zugeführt. Der ursprünglich saubere und klare Tegeler See wurde überdüngt. In der Folge stieg das Futterangebot für die Weißfische und die vorhandene Population verbuttete (Anstieg der Stückzahlen bei gleichzeitiger Abnahme der Stückgewichte).
Ebenfalls in den 1960er Jahren wurde der Tegeler See sehr aufwändig von Blindgängern und Munition aus dem 2. Weltkrieg befreit. Der See wurde mittels großen Magneten abgesucht und geräumt. Diese Arbeiten dauerten mehrere Jahre und hatten letztendlich Auswirkungen auf das Gewässer. Vormals große Seerosenfelder wurden für immer vernichtet.
Mitte der 1960er Jahre wurde ein strenger Winter und bis zu 45 cm dickes Eis genutzt, um unsere Steganlage zu erneuern. Dabei wurde der alte Steg um fünf Meter seewärts versetzt. Die Vergrößerung wurde durch sich ändernde Bedingungen erforderlich. Die Boote wurden breiter, das Gewicht stieg und eine Motorisierung wurde zum Standard.
In den frühen 1970er Jahren drohte der stark eutrophierte Tegeler See, bedingt durch die starke Verunreinigung, wegen Sauerstoffmangels "umzukippen". Das Land Berlin montierte daher zahlreiche Leitungen, abgehend am Wasserwek Tegel bis zur Mitte des Sees. Über diese Leitungen wurde stark mit Sauerstoff angereichertes Wasser in den See gepumpt. Dieser Aufwand sollte letztendlich bis in die 1990er Jahre Bestand haben.
Im Jahr 1974 vernichtete ein, in der Nacht ausgebrochenes, Feuer das gesamte Vereinsheim inklusive aller dort gelagerten Gerätschaften. Die folgenden Bemühungen des Vereins um einen Wiederaufbau fielen in eine politisch schwierige Zeit. Aktionen, wie z. B. "Freie Ufer für freie Bürger", beeinflußten die lokale Politik und Entscheidungen zu einem Neubau auf einem Wassergrundstück wurden nur schwer getroffen. So dauerte es ca. zwei Jahre, bis die erforderlichen Baugenehmigungen vorlagen und der Wiederaufbau beginnen konnte.
Im Verein waren fast alle Gewerke vertreten, so dass der eigentliche Wiederaufbau in Rekordzeit erfolgen konnte. Bereits am 22. Mai 1976 fand unter großer Beteiligung der Berliner Anglerschaft die Einweihung des neuen Vereinsheims statt. Bemerkenswert bleibt die Tatsache, dass in dieser langen und schweren Zeit kein Mitglied den Verein verlassen hat.
Mitte der 1970er Jahre nahm, in Folge der Gewässerverunreinigung und zunehmenden Bootsverkehrs, der Schilf- und Röhrichtbestand stark ab. Durch vereinte Bemühungen der 8er-Gemeinschaft und der IG Tegeler See erfolgten Pflanzaktionen die zu einer deutlichen Erholung des Bestandes beitrugen.
Diese Umweltschutzbemühungen der 8er-Gemeinschaft und der IG Tegeler See wurden über die Presse öffentlich bekannt und gewürdigt.
Alle genannten Maßnahmen führten letztendlich zu einer Erholung des Tegeler Sees. Mittlerweile gehört der See wieder zu den saubersten Seen Berlins und wartet mit Sichttiefen von zwei bis drei Metern auf.
Im Laufe der Jahre, vor allem nach dem Mauerfall, nahm die Anzahl der Mitglieder in allen acht Vereinen ab. Dies führte zu einem sportlichen Zusammenschluss der Vereine AV Wedding und VwN Lindwerder. Die entstehende Lücke in der 8er-Gemeinschaft wurde durch die Sportsfreunde vom Club de Pechè gefüllt. Leider wird die 8er-Gemeinschaft derzeit auf eine harte Probe gestellt, nachdem die Vereine AV Tegel und der Club de Pechè die Gemeinschaft verlassen haben.
Im Jahr 2007 wurde die gesamte Steganlage noch einmal in Gänze durch eine Firma erneuert.
Über die Jahre mussten Vereinssatzung und Beiträge den aktuellen Gegebenheiten mehrfach angepasst werden. Die anglerischen Aktivitäten des Vereins, die in den 1950er und 1960er Jahren im sportanglerischen Bereich große Bedeutung hatten, mussten wegen der Neufassung des Tierschutzgesetzes auf andere Füße gestellt werden.
Der SAV Gut Biss hat heute seine Bestimmung im Bereich Hege und Pflege des Fischbestandes, im Naturschutz, im Castingsport und in der Jugendarbeit gefunden.
Für die Jugendarbeit wurde der SAV Gut Biss mehrfach vom Landesverband VdSF Berlin-Brandenburg und vom Bezirk Reinickendorf ausgezeichnet.
Im Jahr 2020 beging der Verein sein 100-jähriges Jubiläum. Bedingt durch die pandemische Lage rund um Covid19 (Corona) mussten die offiziellen Feierlichkeiten abgesagt werden. Die geplante Nachfeier im Jahr 2021 konnte Pandemiebedingt ebenfalls nicht statt finden.
2022 kehrte der Verein in den regulären Betrieb zurück und es konnten wieder sportliche Veranstaltungen und Hegemaßmahmen durchgeführt werden.